2005-08-10

Ausklang

Es ist fast unmöglich, nein es ist unmöglich alles gesehene in Worte zu fassen. Es mit der Kamera einfangen detto. Es einfach gesehen haben ist das Schönste. Je länger man einen aufregenden, auf jeden Fall einzigartigen Ort genießt, desto besser kann man sich dann später daran erinnern.
In Homer, an der Südspitze der Kenai Halbinsel hab ich für den Ausklang meiner Reise einen schönen Platz gefunden. Das Ende des Highway #1. Ein ruhiges Städtchen, das keinen Durchgangsverkehr hat, einen mäßig großen Flughafen und die Touristen gehen alle fischen. Nachts wird das Rauschen des Meeres nicht vom Straßenlärm übertönt und ich verpasse nur knapp den Sonnenuntergang.
Es heißt, dass in Homer viele Künstler leben und es sieht wirklich so aus, als würden die Leute hier kreativer sein, gestalten ihre Häuser individueller. Selbst die Strassen sehen ein wenig anders aus. Die East-End-Road windet sich noch meilenweit der Küste entlang und bietet schöne Blicke über die Bucht.
Eine 10km lange Sandbank ('Homer Spit', entstanden durch einen Gletscher) mit dem Yachthafen an dessen Spitze ist Anziehungspunkt für viele Camper und Spaziergänger. Jede Menge Restaurants und 'Gift Shops' reihen sich hier auf Pfahlbauten aneinander.
Ich leistete mir ein teureres Zimmer als sonst, am Ortseingang etwas höher gelegen. Direkt vom Bett aus konnte ich die schneebedeckten Berge auf der gegenüberliegenden Seite der 'Kachemak Bay' sehen. Weiter im Westen waren die Umrisse des 'Augustien Vulcanos' erkennbar. Als sich abends das Meer beruhigte, wurden Gruppen von Seeotter sichtbar. Sie verbringen die meiste Zeit auf dem offenen Meer und sammeln sich, um die Nacht gemeinsam zu verbringen. Ich habe so viel gesehen, dass ich mir keine große Mühe mehr mache noch weiteres zu sehen und sitze eine ganze Weile einfach nur vor dem Zimmer in der Sonne.

Langsam wird es Zeit zusammenzufassen und mich auf die Rückreise vorzubereiten. Ich bin mehr als 2500 Meilen weit (unfallfrei) gefahren, hab nichts verloren, wurde nicht bestohlen, bin unverletzt und gesund (sicher freut sich mein Körper schon auf etwas gesündere Nahrung).
Habe Karibus, Grizzlies, Wale, Weisskopfseeadler, Seeotter und ein Prachtexemplar von einem Elch (Moose) gesehen, keines der vielen Eichhörnchen überfahren und mir tut jede riesige Libelle leid, die beim Jagen auf andere Insekten gegen meine Windschutzscheibe klatschte.
Durchaus in Bewegung ist mein Nacken beim Betrachten der vielen Flugzeuge gewesen. Teilweise waren es so viele, dass deren Motorengeräusche richtige Schwebungen entstehen ließen. Der Rest meines Körpers war weniger in Bewegung...
Die Prüfung für das Float-Rating (jetzt einmal eine amerikanische Lizenz) bestanden zu haben heißt für mich: ein Ziel erreicht. In der Aufregung und Konzentration entstanden beim Fliegen naturgemäß am wenigsten Fotos, aber das macht nichts.
Die Fahrt brachte mich durch Täler, in denen vor langer Zeit einmal die Gletscher alles aus dem Weg räumten wie Planierraupen. Das Wetter war größtenteils sehr angenehm. Die verschiedensten Stimmungen werden bedeutungsvoller, wenn sonst weit und breit nichts außer Natur ist. Einmal vom Wind verblasene Cirruswolken, die wie umgekehrte Sanddünen am Himmel hängen, ein andermal Cumulus an einer Bergspitze, die sie wie schwach aktive Vulkane aussehen lassen (statt der Schneefelder und Gletscher würden das dann die erkalteten Lavaströme sein).

Und doch war ich auf keinem anderen Planeten, wie man so schön sagt. Es ist Amerika. Die vielen Werbespots in Radio und Fernsehen, es wird alles billig gemacht und teuer verkauft. Vieles läuft gewissermaßen gewohnt ab. Die Kellner freuen sich über Trinkgeld, die Jungs lassen viel Gummi auf der Strasse, Hundehalter sind mit denen ohne Hund über Kreuz und die Mütter lieben ihre Babys.
Selbst die Natur folgt ihren Gesetzen. Das Wasser fließt talwärts (so ferne es ein Tal gibt und es einen Weg findet), die Blumen ziehen Insekten an, die Ameisen leben in Völkern - und im Wald da stehen die Bäume... viele Bäume...
Es hat alles eine andere Dimension, von einem Ort zum anderen kann es schon mal mehrere Autostunden sein, die Tage sind viel länger (oder viel kürzer). Manche sagen, Alaska sei einer der letzten sicheren Plätze. Ich glaube das nicht, es gibt viele sichere Plätze oder umgekehrt, es ist überall gefährlich. Es ist sehr schön hier im Sommer und ich glaube den Erzählungen der Einheimischen, dass der Winter schwer zu ertragen ist.

Meine Highlights:
* fliegen mit dem Wasserflugzeug, na klar
* ins Meer kalbende Glaetscher aus naechster Naehe betrachten (vom Wasser, aus der Luft)
* chinesisches Essen
* Fahrt über den Richardson Highway von Delta Junction nach Valdez
* Goldwaschen
Blos nicht mehr:
* eine Bootstour auf dem Chena River in Fairbanks!!
Das naechste Mal:
* eine Cross-Country-Safari mit einem Wasserflugzeug
* weiter Abseits zu Indianer- oder Eskimodörfern
* mehr bzw. überhaupt Wandern
* Camping
* nicht alleine auf Tour gehen

Vielen Dank für Eure Kommentare, die für mich immer ein Freude waren!

..und aufs Heimkommen freu' ich mich jetzt auch schon..