2005-08-13

Heimkehr

Die Logik der Natur ist nicht durchschaubar, oder ist es einfach Chaos? Die Geländeformen der Westküste lassen auf jeden Fall darauf schließen. Manchmal sind eindeutige Spuren erkennbar; Gletscher, Flüsse, die tiefe Täler schneiden. Dann gibt es wieder Formen, die für mein ungeübtes Auge unnatürlich erscheinen. Quer zu allen anderen Richtungen verlaufende Einschnitte, Buchten, die so viele Inseln haben, als wurde Packeis treiben. Die Zeichen von Bewohnern sind selten, manchmal schwer erkennbar, andere wiederum sehr eindeutig, wie Verletzungen - durch Kahlschlag oder Steinbruch.
Der Fensterplatz am Flug von Anchorage nach Seattle hielt mich eindeutig davon ab mein Buch weiter zu lesen. Sogar die Wolken betrachte ich eine Zeit lang von oben.
Weiter nach Kopenhagen war es nicht so angenehm. Eingepfercht in der Economy-Class - neben mir einer, der durchaus zwei Plätze bezahlen hätte müssen - fast zehn Stunden zu sitzen, ist schwer zu ertragen. Normalerweise kann ich im Flugzeug nicht schlafen, so auch diesmal nicht und sehe mir einen Film nach dem anderen an und unterhalte mich ein wenig mit der Sitznachbarin auf der anderen Seite.
Die Anschlussflüge sind jeweils gut auf einander abgestimmt, so dass ich völlig stressfrei, ohne stundenlangem Herumsitzen weiterreisen kann.
Andere Menschen würden sich vielleicht ein Auto kaufen mit der Menge Geld, die ich in den letzten Wochen losgeworden bin. Aber bis jetzt bereue ich keinen Cent. Na vielleicht ein paar. Ein klein wenig mehr Organisation - oder auch ein bisschen handeln - hätte den einen oder anderen Dollar gespart. Anyway.
Ich bin wieder zu hause. Muss mich an den alten Rhythmus gewöhnen. Dafür sind noch ein paar Tage Zeit.

2005-08-10

Ausklang

Es ist fast unmöglich, nein es ist unmöglich alles gesehene in Worte zu fassen. Es mit der Kamera einfangen detto. Es einfach gesehen haben ist das Schönste. Je länger man einen aufregenden, auf jeden Fall einzigartigen Ort genießt, desto besser kann man sich dann später daran erinnern.
In Homer, an der Südspitze der Kenai Halbinsel hab ich für den Ausklang meiner Reise einen schönen Platz gefunden. Das Ende des Highway #1. Ein ruhiges Städtchen, das keinen Durchgangsverkehr hat, einen mäßig großen Flughafen und die Touristen gehen alle fischen. Nachts wird das Rauschen des Meeres nicht vom Straßenlärm übertönt und ich verpasse nur knapp den Sonnenuntergang.
Es heißt, dass in Homer viele Künstler leben und es sieht wirklich so aus, als würden die Leute hier kreativer sein, gestalten ihre Häuser individueller. Selbst die Strassen sehen ein wenig anders aus. Die East-End-Road windet sich noch meilenweit der Küste entlang und bietet schöne Blicke über die Bucht.
Eine 10km lange Sandbank ('Homer Spit', entstanden durch einen Gletscher) mit dem Yachthafen an dessen Spitze ist Anziehungspunkt für viele Camper und Spaziergänger. Jede Menge Restaurants und 'Gift Shops' reihen sich hier auf Pfahlbauten aneinander.
Ich leistete mir ein teureres Zimmer als sonst, am Ortseingang etwas höher gelegen. Direkt vom Bett aus konnte ich die schneebedeckten Berge auf der gegenüberliegenden Seite der 'Kachemak Bay' sehen. Weiter im Westen waren die Umrisse des 'Augustien Vulcanos' erkennbar. Als sich abends das Meer beruhigte, wurden Gruppen von Seeotter sichtbar. Sie verbringen die meiste Zeit auf dem offenen Meer und sammeln sich, um die Nacht gemeinsam zu verbringen. Ich habe so viel gesehen, dass ich mir keine große Mühe mehr mache noch weiteres zu sehen und sitze eine ganze Weile einfach nur vor dem Zimmer in der Sonne.

Langsam wird es Zeit zusammenzufassen und mich auf die Rückreise vorzubereiten. Ich bin mehr als 2500 Meilen weit (unfallfrei) gefahren, hab nichts verloren, wurde nicht bestohlen, bin unverletzt und gesund (sicher freut sich mein Körper schon auf etwas gesündere Nahrung).
Habe Karibus, Grizzlies, Wale, Weisskopfseeadler, Seeotter und ein Prachtexemplar von einem Elch (Moose) gesehen, keines der vielen Eichhörnchen überfahren und mir tut jede riesige Libelle leid, die beim Jagen auf andere Insekten gegen meine Windschutzscheibe klatschte.
Durchaus in Bewegung ist mein Nacken beim Betrachten der vielen Flugzeuge gewesen. Teilweise waren es so viele, dass deren Motorengeräusche richtige Schwebungen entstehen ließen. Der Rest meines Körpers war weniger in Bewegung...
Die Prüfung für das Float-Rating (jetzt einmal eine amerikanische Lizenz) bestanden zu haben heißt für mich: ein Ziel erreicht. In der Aufregung und Konzentration entstanden beim Fliegen naturgemäß am wenigsten Fotos, aber das macht nichts.
Die Fahrt brachte mich durch Täler, in denen vor langer Zeit einmal die Gletscher alles aus dem Weg räumten wie Planierraupen. Das Wetter war größtenteils sehr angenehm. Die verschiedensten Stimmungen werden bedeutungsvoller, wenn sonst weit und breit nichts außer Natur ist. Einmal vom Wind verblasene Cirruswolken, die wie umgekehrte Sanddünen am Himmel hängen, ein andermal Cumulus an einer Bergspitze, die sie wie schwach aktive Vulkane aussehen lassen (statt der Schneefelder und Gletscher würden das dann die erkalteten Lavaströme sein).

Und doch war ich auf keinem anderen Planeten, wie man so schön sagt. Es ist Amerika. Die vielen Werbespots in Radio und Fernsehen, es wird alles billig gemacht und teuer verkauft. Vieles läuft gewissermaßen gewohnt ab. Die Kellner freuen sich über Trinkgeld, die Jungs lassen viel Gummi auf der Strasse, Hundehalter sind mit denen ohne Hund über Kreuz und die Mütter lieben ihre Babys.
Selbst die Natur folgt ihren Gesetzen. Das Wasser fließt talwärts (so ferne es ein Tal gibt und es einen Weg findet), die Blumen ziehen Insekten an, die Ameisen leben in Völkern - und im Wald da stehen die Bäume... viele Bäume...
Es hat alles eine andere Dimension, von einem Ort zum anderen kann es schon mal mehrere Autostunden sein, die Tage sind viel länger (oder viel kürzer). Manche sagen, Alaska sei einer der letzten sicheren Plätze. Ich glaube das nicht, es gibt viele sichere Plätze oder umgekehrt, es ist überall gefährlich. Es ist sehr schön hier im Sommer und ich glaube den Erzählungen der Einheimischen, dass der Winter schwer zu ertragen ist.

Meine Highlights:
* fliegen mit dem Wasserflugzeug, na klar
* ins Meer kalbende Glaetscher aus naechster Naehe betrachten (vom Wasser, aus der Luft)
* chinesisches Essen
* Fahrt über den Richardson Highway von Delta Junction nach Valdez
* Goldwaschen
Blos nicht mehr:
* eine Bootstour auf dem Chena River in Fairbanks!!
Das naechste Mal:
* eine Cross-Country-Safari mit einem Wasserflugzeug
* weiter Abseits zu Indianer- oder Eskimodörfern
* mehr bzw. überhaupt Wandern
* Camping
* nicht alleine auf Tour gehen

Vielen Dank für Eure Kommentare, die für mich immer ein Freude waren!

..und aufs Heimkommen freu' ich mich jetzt auch schon..

2005-08-08

Harding Ice Field

Gestern am späten Vormittag ist dann eine 'Lücke' für mich, mit einer 172er ein paar Runden zu drehen. Scott, mein Instructor, ist im Gegensatz zu seinem Chef sehr sympatisch. Die halbe Stunde, die uns zusteht ist schnell um. Wie ein Speed-Boat rasen wir mit mehr als 45mph übers Wasser. Die Maschine, eine 172er mit 180PS und Constant-Speed-Propeller, fühlt sich im Vergleich zu ihrer Räderausführung nur etwas schwerfälliger an. Trotz der 180ps sind nicht viel mehr als 100mhp Reisegeschwindigkeit herauszuholen. Die riesigen Schwimmer bremsen doch beträchtlich.
Anstatt weiter zu warten, mache ich eine Wanderung zum nahe gelegenen 'Exit-Glacier'. Erst abends, als der Chef höchst persönlich bereit ist, mit mir noch eine Runde fliegen wird mir klar, dass Sympatie hin oder her, diese Flüge hier mehr als aufregend sind. Fast zwei Stunden, fliegen wir im Aufwind der Steilwände durch unglaublich schöne Täler. Am abgelegenen 'Upper-Russian-Lake' landen wir und beobachten Bären, die in der Mündung eines Baches fischen. Und außer uns - nur Natur. Es war wirklich abenteuerlich, auf den Schwimmern des schaukelnden Flugzeuges zu stehen und zu sehen wie am Ufer ein Grizzly in den Wald verschwindet.
Wie erwartet mache ich in seinen Augen vieles 'falsch'.. Ich gebe gerne das Flugzeug her - man kann immer was lernen - und genieße den unglaublichen Ausblick.
Nicht besonders hoch, etwa 4000ft, sind wir bereits großteils auf Gipfel-Niveau und nahen uns einzelner Bergspitzen und Gletscher. Kurze Zeit später kam dann das weite Feld des Harding Ice Field in Sicht. Mir fehlen einfach die Worte... Eis (fast) soweit das Auge reicht, die Gletscher ergießen sich in alle Himmelsrichtungen, einen Eisfall, der aussieht, als würde er jederzeit weitere gigantische Eisbrocken und -spalten erzeugen, gleiten wir ohne Leistung un mit vollen Klappen hinunter um am unteren Ende zu sehen, wie im Nebel des Meeres die Eisberge verschwinden. Phantastisch.
Obwohl es ein Vermögen kostet (ca. 250$ für die 172er!) werde ich heute versuchen noch eine weitere 'Lücke' zu finden....

Kenai Peninsula

Von Palmer aus, durch Anchorage - diesmal mit viel Verkehr und vielen Leuten auf der Strasse - erreiche ich nach wenigen Stunden (wegen der Stopps, den Stop-n-Go's, Flugzeug schauen..) den Turnagain Arm. Eine langgestreckte Bucht im Süden von Anchorage, die so seicht ist, dass sie bei Ebbe fast austrocknet. Es waren bereits viele umspülte Sandbanken, verzweigte Rinnsale und ein breiter Strom entstanden, dessen Flussrichtungen eindeutig erkennbar waren. Das Ufer sieht aus wie das norddeutsche Wattmeer, nur dass hier das Land steil ansteigt und bis in die Hoehen des ewigen Eises ragt. Am Ende der Bucht - oder Anfang? - fließt der Portage Gletscher bis fast auf Meereniveau und ich kann mich zurückhalten eine weitere Bootstour an den Rand des Gletschers zu machen.
Wieder geht die Strasse weiter von den sumpfigen Flussmündungen quer durch die Berge. Die Eisenbahn hat hier einen eigenen Weg, der durch flache Taeler und ein Tunnel angelegt ist.
Abends stellt sich heraus, dass meine Entscheidung, das Float-Rating in Talkeetna zu machen, eine gute war. Am Samstag, also vorgestern, habe ich mich telefonisch in Moos Pass bei der 'Senic Mountain Avivation' angekündigt. Ohne Reservierung weitere Flugstunden zu nehmen war zwar nicht sehr sicher, aber ich kam mir hier etwas deplatziert vor. SMA erhält nicht die gleiche Sympatie, wie Don Lee's Flugschule in Talkeetna. Klar ist, dass alle Geld verdienen wollen, aber hier werden Anfänger sehr eigenartig behandelt. Noch dazu schlecht über andere zu reden, die nicht anwesend sind (in diesem Fall über Don Lee), ist kein feiner Zug. Außerdem wurde ich mehrfach gefragt, warum ich denn nicht in Moose Pass das Rating machen wollte. Ohne es wirklich auszusprechen, ich entschied mich eindeutig für den sympatischeren Verein.
Um vorgestern am späteren Nachmittag nicht nur einfach herumzustehen und zu warten, bis ein Flugzeug frei ist (eine Schulstunde ist billiger als ein Rundflug mit Gästen..) besuchte ich Seward. Es hat durchaus Ähnlichkeit mit Valdez, nur dass hier nicht die Trans-Alaska-Pipelinie endet sonder die 'Alaskan-Rail-Road'. Für die Kenai-Area ist Seward ein wichtiger Handelshafen, Terminal für die 'Alaskan-Marine-Highway' Fähren und natürlich auch Ausgangspunkt für viele Ziele in den umliegenden Fjorden.
Immer wieder zieht es mich in die Nähe der Flugplätze und kurioserweise konnte ich in Seward ein Karibu beobachten, dass gemütlich über die Runway spazierte. Auf meinen Wanderungen durch die Ortschaften finde ich immer wieder, meistens etwas versteckt asiatische Lokale, in denen es viel angenehmer zu speisen ist. Viel zu oft habe ich trotz 'vollwert' so manches schwabblige irgendwas gegessen.